Freitagsgedanken

Die Überschrift passt nicht. Ich denke, wie jeder andere auch, jeden Tag viel zu viel. Gleichgültig, welchen Namen er trägt.

Wenn es zu viele werden, mache ich die Musik lauter, sagt Christian, « mein Schrauber », während ich ihm dabei zusehe, wie er die Räder an meinem Auto wechselt und ihm zuhöre, was er von sich erzählt.

Fährst du wieder nach Portugal? fragt er, dein Auto ist jedenfalls gut in Schuss für den Ritt.

Ich war schon. Zweimal in diesem Jahr. Ende August noch einmal, antworte ich.

Neidisch sei er, sagt er.

Geht’s dir heute wieder besser, fragt er dann unvermittelt, gestern ging’s dir nicht gut.

Ich stutze kurz. Das hast du gemerkt?

Klar, antwortet er.

Wenn er nicht so – meistens glücklich – verheiratet wäre, würde er gerne mit mir verreisen, nach Portugal, vertraute er mir im vergangenen Sommer an, als er mir zeigte, wie man Räder mit einem herkömmlichen Wagenheber wechselt.

Und ich weiß nicht, ob ich es damals dachte oder heute nur denke, dass ich es gedacht haben könnte: eigentlich schade, dass wir uns etwas versagen, wonach wir uns sehnen, weil wir uns in glücklichen Beziehungen wähnen. Provokant? Ja. Und auch ein anderes Thema. Obwohl …

Ganz abgesehen davon: Alleinreisend heißt für mich genau das: allein reisen! Es gibt nur sehr wenige Menschen, mit denen ich eine Reise machen würde.

Und dann redeten wir darüber, dass er gerade einen Bus auf dem Hof stehen hat, den er mir fertig machen könne.

Irgendwann, wenn ich groß bin, kaufe ich mir einen Bus!

Ach, das Alter. Ich sage, das Alter ist eine Option. Wir können uns unser Alter selbst aussuchen. Du hast keine Wahl, was das Sterben angeht, das steht dir irgendwann bevor. Aber beim Alter kannst du wählen.

Gianna Nannini, 69

Ach Portugal! Gestern im Konzert von Maria Mendes, einer preisgekrönten Jazzsängerin und Komponistin, erfasste mich mit den ersten Tönen eine tränende Sehnsucht. Saudade kann ich!

Ich ließ laufen. Kann ja nichts passieren, dachte ich, so ganz ohne Make up heult es sich entspannt.

Das schwarze Kleid saß wieder so locker wie vor sieben Jahren, als ich es mir in Schweden kaufte, und so hatte ich Platz für tiefe Seufzer.

Schwarz geht immer und verzeiht fast alles, bis auf…, dachte ich und dann folgte ein typisches gedankliches Kaspertheater…Monica Lewinskys Kleid war dunkelblau – also alles was von heller Konsistenz ist, fällt auf.

Apropos Kasperle; sein Theater ist gar nicht so harmlos und lustig, wie jedenfalls ich dachte. Gemocht habe ich das nie, es war mir irgendwie zu laut und zu grob.

Und dann googelte ich heute beim ersten Kaffee die Entstehung und die Geschichte von Kasper, Krokodil, Gretel und Polizist.

Manches, vielleicht alles, bestimmt aber vieles, wissen wir intuitiv schon als Kinder! Und heute, an diesem freitagsbedachten Tag, wähle ich, nicht einen Tag älter als siebzehn zu sein und zu bleiben.

Mit 17 hat man noch Träume
Da wachsen noch alle Bäume
In den Himmel der Liebe

Mit 17 kann man noch hoffen
Da sind die Wege noch offen
In den Himmel der Liebe

Peggy March

Mit 17 wusste ich sehr genau was ich wollte.

Wann fangen wir an, uns und das was uns wichtig ist, zu vergessen?

An einem Freitag kann es nicht gewesen sein.

PS. Absichtlich keine Verlinkungen. Wen die angerissenen Themen tiefer interessieren, der oder die wird einen Weg finden. Oder nicht. Wer sagt denn, dass wir jede Spur aufnehmen müssen? Das kann nur eine Legende aus Tritratrallala– Land sein.

3 Antworten zu „Freitagsgedanken”.

  1. Avatar von Mindsplint
    Mindsplint

    🤹‍♀️👩‍🎨👨‍✈️🐊)))

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  2. Avatar von anneeulia
    anneeulia

    Mit 17 dachte ich auch, ich wüsste was ich wollte.
    Tatsächlich wusste ich immer nur was ich nicht wollte und das schon mein Leben lang.

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    1. Avatar von Christine
      Christine

      Immerhin!

      Gefällt 1 Person

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